"Da muss ich meinen Chef fragen!"

 

Im Rahmen des Theaterstücks "Der Kunde und sein Verkäufer" (s. die Anmerkung unten) befinden wir uns jetzt am Einstieg in die Preisverhandlung. Der Kunde fragt nach seinem Geschenk und der Verkäufer lässt den oder die Kunden allein (oder er nutzt den "Telefonjoker"). Ziel einer Preisverhandlung ist natürlich die Erzielung eines auskömmlichen Preises. Allerdings kann das Ergebnis auch alles andere als das Gewünschte sein: Kommt der Verkäufer einfach nur mit einem reduzierten Preis zurück, so baut sich beim Kunden der Eindruck auf, dass da noch mehr geht (ein einfacher Fall von positiver Verstärkung). Und prompt verringert sich die Ausgabebereitschaft, ganz abgesehen davon, dass auch keine Bindung des Kunden an das Angebot erreicht worden ist. Einfach nur Preise zu reduzieren, ist halt keine Option.

 

Aber sprechen wir doch lieber über den positiven Verlauf: In Unternehmen, die strukturiert Preisverhandlungen eingeführt haben, zeigte sich in der Folge ein sehr deutlicher Anstieg der Kalkulation. Auch werden in diesen Unternehmen viel mehr Preisverhandlungen geführt, was wiederum zum Anstieg der Abschlussquote führt. Aber nun wird doch bei einer Preisverhandlung der Preis der Ware reduziert. Und wie können denn durch mehr Nachlässe mehr Roherträge erzielt werden? Das hört sich zuerst einmal nach einem Widerspruch an. Aber in der Welt des Einrichtungsverkaufs ist nun einmal vieles scheinbar Paradoxe möglich. Und die Lösung des Rätsels liefert wieder einmal die Psyche des Kunden. Im Rahmen einer Preisverhandlung – so wie im gesamten Verkaufsgespräch – geht es vor allem um die Einflussnahme auf zwei Gefühle: Wertanmutung und Entscheidungsbereitschaft. Nun können durch eine sinnvoll geführte Preisverhandlung - häufig unter Einbeziehung der Führungskraft - beide Gefühle gestärkt werden. Und am Ende steht die mit guter Kalkulation verkaufte Ware. 

 

Außerdem liefert der Ansatz über die Gefühlswelt des Kunden die Möglichkeit, Führung in der Preisverhandlung auszuüben. Denn die oben erwähnten Gefühle haben ihren Ausdruck in der Körpersprache. Und auf diese Weise liefern uns die Kunden Signale darüber, wo sie momentan stehen und was der sinnvolle nächste Schritt ist. Wie bei einer Ampel unterscheide ich hier drei Phasen: In der GRÜN-Phase, die sich z.B. durch Anzeichen von Interesse andeutet, können den Kunden Angebote wie z.B. eine Teilfinanzierung gemacht werden. In der GELB-Phase ruht die Verhandlung, und den Kunden wird – nach Anzeichen von Nachdenklichkeit – z.B. eine Bedenkzeit im Laden eingeräumt. Die ROT-Phase tritt bei deutlichen Stopp-Signalen der Kunden ein. Jetzt ist ein Notausstieg gefordert, um dennoch Kundenbindung erreichen zu können. Und da bietet sich z.B. eine Terminabsprache in Kombination mit einem bezahlten Vorabaufmaß an.

 

Nun sind Trainings, bei denen es vor allem um den Aufbau von Empathie geht, didaktisch eine Herausforderung. Glücklicherweise bietet die Analyse von Filmausschnitten einen Einstieg in die Welt der Signale und der darauf folgenden Reaktionen. Danach wird dies durch Videotrainings auf die Situation des Verkaufs übertragen. Vorrangig geht es mir dabei immer um die Erzeugung von Beispielen für die Beobachterschulung. Darüber hinaus kann jeder Teilnehmer auf diese Weise die einzelnen Schritte eines strukturierten Preisgesprächs einüben, bevor es im Kundengespräch dann wirklich um Geld geht.

 

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Die Beschreibung des Verkaufsgesprächs als Theaterstück ist nicht ironisch oder respektlos gemeint. Tatsächlich erschließt sich der Verlauf eines Verkaufsgesprächs weit leichter, wenn man es als Theaterstück versteht: es gibt verteilte Rollen (den Verkäufer und den Kunden) und beide haben ihre eingeübten Texte. Dies mag jedem von uns schon aufgefallen sein. So antworten wir beim Eintritt in ein Einzelhandelsgeschäft dem sich zur Bedienung anbietenden Verkäufer mit "ich schau mich nur mal um.". Und dies völlig unabhängig davon, ob wir dies tatsächlich wollen oder nicht. Ähnliche Dialoge finden sich auch zum Ende des Verkaufsgesprächs. Hier heißt dann der Text des Kunden: "da muss ich noch eine Nacht drüber schlafen" oder auch "was geht denn da noch?". Folgt man dieser Betrachtungsweise, so lässt sich ein Gespräch zum einen über die Einflussnahme auf die Person des Kunden und zum anderen über die Steuerung der Situation gestalten. Und daraus ergeben sich dann ganz neue Ansatzpunkte für ein abschlussorientiertes Vorgehen. 

 

Mehr zu diesem Thema im Verhandlungstraining: Der Joker